Gespräch im Foyer


Bildmontage: Adenauer - Kreml - Keil

... "Zwar wurde in Deutschland damals oft über den angeb[ich nur 800 bis 1000 Wörter umfassenden aktiven Wortschatz Adenauers gewitzelt, aber hier zeigte sich, daß die an diesem Abend eingesetzten russischen Dolmetscher gerade bei ihm versagten. Mit Worten wie Talmi oder Fötus waren sie eindeutig überfordert. Deshalb mußte ich mehrfach einspringen. Hier die markantesten Passagen aus den Foyer-Gesprächen:

Chruschtschow zu Carlo Schmid: "Ich weiß gar nicht recht, wie ich Sie anreden soll: Herr Schmid oder Genosse Schmid. Sie kommen doch auch von Marx her." Adenauer: ,,]a, aber Sie (auf Chruschtschow zeigend) haben sich weiterentwickelt. Die SPD is en Fötus geblieben." Mich näher heranwinkend: "Dat müssenSe jetzt mal janz jenau übersetzen!"
Zu Chruschtschow und Bulganin: "Der Schmid kommt in die SPD wie der Pilatus ins Credo." Ich fürchtete, mit diesem Satz wären nicht nur die russischen Dolmetscher überfordert gewesen. Es zeigte sich aber, daß zumindest Bulganin ihn verstand. Immerhin hatte er, wie seinerzeit Stalin, in seiner .Jugend einmal ein Priesterseminar besucht. Während Adenauer und Carlo Schmid Demokratie demonstrierten, ergriff plötzlich Chruschtschow wieder das Wort. Er wandte sich direkt an den neben ihm sitzenden Adenauer.
Chruschtschow: "Wie ist es denn nun - kriegen wir Botschafter oder nicht?"
Adenauer: " Dat kommt. Aber es is so schwierig, den richtijen Mann zu finden."
Chruschtschow: "Na, ich würde sofort kommen."
Adenauer: "Ich würde Sie ja auch nehmen, aber sie sind so'n impulsiver Mensch, und dann müßten Sie sich ja Ihrem Außenminister unterordnen."
Chruschtschow: "Da kennen Sie mich noch nicht genug. Ich bin ein kollektiver Mensch."
Adenauer: "Aber dat eine sarich Ihnen: Wenn Sie uns den Semjónow schicken, dann kriejen Sie den Hallstein." ..."

Rolf-Dietrich Keil, "Mit Adenauer in Moskau", Bouvier Verlag 1997, S. 103/104
 

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