Siegmund Kempmann
"Wien ,Wien nur du allein, sollst stets die Stadt meiner Träume sein...", hieß es in einem damals sehr bekanntem Lied. So ging es auch meiner Frau und mir. Aber wir wollten dieses Land auch dort sehen, wo es besonders schön sein sein sollte: An der "schönen blauen Donau". So kamen wir auf die Idee nach Wien zu paddeln.
Dazu brauchte man natürlich ein Boot, etwas Erfahrung damit, den "Faltbootführer Donau", ein kleines Zelt, notwendigstes Küchengerät, einen Spirituskocher, .... viel Sorglosigkeit und Gottvertrauen, verbunden mit Vorsicht.
Damals nahm die Bahn ein gefaltetes Boot durch Kauf einer 2 Mark "Fahrradkarte" mit. Man mußte es selbst zum Gepäckwagen bringen und auch beim Umsteigen umladen. Vom Passauer Bahnhof zum Donauufer waren es dann nur wenige 100 Meter.
Nach einigen Paddelschlägen kam gleich die erste Prüfung unserer Nervenstärke: Der Inn. Eine braune Flut drängte von rechts kommend in die Donau und gegen unser Boot. Aber zum Angstkriegen war da keine Zeit mehr, da hieß es nur paddeln was das Zeug hält, um auf Kurs zu bleiben.
Noch vor der österreichischen Grenze : Das Kraftwerk Jochenstein mit seinen riesigen Schleusenkammern für die Berufsschifffahrt. Da wurden wir doch etwas stiller, machten hinter den großen Lastkähnen an einem Ring fest. Was nun? Als wir dann abgesenkt wurden, hätten wir vor lauter Aufregung beinahe noch vergessen uns loszumachen.
Dahinter die Zollstation Engelhartszell: "Unbedingt landen" hieß es im Faltbootführer; doch kein Zöllner ließ sich blicken. "Na denn Tschüss", dachten wir und drehten wieder zur Fahrrinne.
Ohne zu paddeln kamen wir mit etwa 7 km/h voran. Das reichte allemal um in einer guten Zeit nach Wien zu kommen, 300 km lagen vor uns. Das Schlimmste hätten wir nun hinter uns... dachten wir. Da kam von hinten ein riesiger Raddampfer, mit Schaumkronen vor dem Bug, herangebraust. Schnell Richtung Ufer, und schon saßen wir auf einer Sandbank fest. Dann kamen die Wellen - denen wir eigentlich ausweichen wollten - über uns. Es war dann doch nicht alles so schlimm, wie es zunächst aussah.
Aber wir wußten jetzt, vor den Raddampfern darf man nicht fliehen , sondern gelassen abwarten bis die Wellen kommen und mit dem Boot die Wellen schneiden. Eigentlich ganz einfach! Aber meistens war es sehr geruhsam, besonders wenn mal die Sonne schien. Man lehnte sich zurück und überließ die Arbeit der Strömung. Wie in einer Zeitlupe gleitet dann die Landschaft vorbei und man ist irgendwie mittendrin.
Besonders reizvoll anzusehen waren die vielen Kirchen und Kirchlein, Klöster, Burgen und Burgruinen, die Wachau mit Dürnstein, wo einstens Richard Löwenherz gefangen war. Hier hatten wir unser Zelt gegenüber der Ortschaft aufgeschlagen. Ein Panorama wie aus einem Bilderbuch lag vor uns!
Doch leider ist die Donau nur blau, wenn die Sonne scheint. Besonders morgens lag ein leichter Nebelschleier über dem Wasser, aus dem man als Paddler gerade mal einen Meter herausschaute.
Ehe wir Wien erreichten, plagten uns noch Hochwasser, steile Uferböschungen, auch mal Regen, beinahe Kenterung, Blasen an den Händen ... Dann aber kam die Belohnung: Wien, die Stadt, die Geschichte, die Kultur, das Wiener Schnitzel, der Wein beim Heurigen ... und der Neusiedler See.
Aber das ist eine neue Geschichte!
(C)Ludgerusschule Heiden