Robert H. Lochner wurde am 20. Oktober 1918 geboren. Als amerikanischer Journalist und Spitzenbeamter hat er bedeutende Momente der deutschen Geschichte als Zeitzeuge miterlebt. Als 14-jähriger ist er 1933 zeuge des Fackelzuges, mit dem die Anhänger Hitlers dessen Machtergreifung feiern. In Nürnberg nimmt er teil an den Verhören der deutschen Kriegsverbrecher. Als Direktor des RIAS ist er maßgeblich am Aufbau der freien Presse in Deutschland beteiligt. In Berlin wird er 1961 Zeuge des Mauerbaus. Seine wohl aufregendsten Erlebnisse hatte er aber wohl als Dolmetscher des "Vaters der Luftbrücke" Clay und der amerikanischen Präsidenten Eisenhower, Johnson und Kennedy.

 

Sehr geehrter Herr Hackenbroch,

Gern komme ich Ihrer Bitte nach und hoffe, als Zeitzeuge fuer Ihre Schueler von Nutzen zu sein.

Zur Zeit des Mauerbaus war ich der amerikanische Direktor des RIAS, des amerikanisch geleiteten Senders fuer die DDR-Hoerer.

Um 3 Minuten nach Mitternacht am 12. August 61 wurde ich auf der direkten Telephonleitung vom RIAS in meiner Wohnung von unserem Abhoerdienst informiert, dass die ostdeutschen Sender die Sperrung des Verkehrsnetzes zwischen Ost und 'Westberlin bekannt gaben.
15 Minuten spaeter war ich im Sender, wo man sofort auf ernste Musik umgeschaltet hatte und alle 15 Minuten Nachrichten sendete. Drei mal waehrend der Nacht fuhr ich in einem Wagen der U.S.-Mission nach Ostberlin, da meine deutschen Mitarbeiter natuerlich nicht konnten. Ich verbarg mein Aufnahmegeraet unter einem Mantel, da. man ja nicht wissen konnte, ob die GREPOS ( Grenzpolizei) uns reinlassen wuerden. Das ging aber mit Diplomatenpass problemlos und ich machte dann verschiedene Aufnahmen, in denen ich das beginnende Aufreissen von Strassen und Verlegen von Rollen von Drahtzaun quer ueber die Strassen beschrieb. Unvergesslich der dritte Besuch am fruehen Morgen im Bahnhof Friedrichstrasse, wo hunderte von potentiellen Fluechtlingen verzweifelt herumirrten. Die Treppen zur S-Bahn waren von TRAPOS (Transportpolizei) in schwarzen Uniformen abgesperrt, die mich verzweifelt an die SS erinnerten. Als ich so da stand und die Szene beobachtete, ging ein altes Muetterchen zaghaft die paar Stufen hoch und fragte einen der TRAPOs, wann denn dee naechste Zug nach Westberlin ginge. Seine hoehnische Antwort: "Damit ists aus, Muetterchen; jetzt sitzt ihr alle in der Mausefalle.

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Mit freundlichen Gruessen, Ihr


 

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