Sein Foto ging um die Welt. Am 15. August 1961 sprang der damals 19jährige DDR-Grenzer Hans Conrad Schumann in Berlin über den Stacheldraht in den Westen. Das Bild wurde zum Symbol für den Friedenswillen der Ostdeutschen.
37 Jahre nach seiner spektakulären Flucht hat Schumann Selbstmord begangen. Vermutlich seien private Motive Grund für den Freitod gewesen, erklärte die Polizei. Wie ist eigentlich das Leben dieses "unfreiwilligen Helden" verlaufen?
Am 15. August ist Conrad Schumann, der ehemalige Unteroffizier der Bereitschaftspolizei der DDR, über den Stacheldraht aus dem sowjetischen Sektor in den französischen Besatzungsteil Berlins gesprungen. Dieser Vorgang wurde auf Foto und Band aufgenommen. Der Fotograf Peter Leibing schoss das Foto, das durch die Weltpresse ging.
Ende der 50er Jahre wagte der SED Staat noch nicht die allgemeine Wehrpflicht einzuführen. Das lag daran weil die Grenze noch offen war. Dafür wurde ein System der freiwilligen Bewerbung installiert, einer Kombination aus Versprechungen und "sanftem Zwang".
Der Lebenslauf des Conrad Schumann:
Als Conrad Schumann die Uniform anzog, gehörte die Bereitschaftspolizei, in die er eingetreten war, schon zum Ministerium des Inneren. Sie war wie die sowjetische Staatssicherheitstruppe zur Niederhaltung der Bevölkerung und zur Unterdrückung von Volkserhebungen bestimmt. Schumann absolvierte mit Erfolg eine dreimonatige Grundausbildung in Dresden und wurde zur Unteroffiziersschule nach Potsdam abkommandiert. Als Anfang August 1961 Freiwillige für den Dienst in der Hauptstadt der DDR gesucht wurden, meldete sich Schumann dafür. Sein Versetzungsantrag nach Berlin wurde genehmigt.
Da so viele Ost- Berliner nach West- Berlin geflohen waren, gingen Gerüchte über das "Dichtmachen" der Grenze um. Die Ungewissheit eines möglicherweise daraus entstehenden Krieges erzeugte die Nervosität, die Zwischenfälle auf beiden Seiten auslöste. Die Anspannung lastete auch auf Unteroffizier Schumann und seinen Kameraden. Ihre Anwesenheit wurde auch von Teilen der Ost- Berliner nicht gerade erfreut aufgenommen.
In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961 wurden die zur Schließung der Grenze bestimmten Kräfte in eine "höhere Stufe der Gefechtsbereitschaft" versetzt. Die Offiziere bekamen scharfe Munition. Um 23 Uhr grellten die Signalpfeifen der Unteroffiziere vom Dienst, und der Ruf "Gefechtsalarm" durch die Flure seiner Kaserne in Ost- Berlin. Mit Lkws, mit Stacheldraht bepackt, fuhren sie los. Sie hatten die Aufgabe West- Berlin abzuriegeln. In der Bernauer Straße, entlang der Linie zum französischen Sektor, waren die Straßen und freien Flächen zwischen den Häusern mit Stacheldraht mehr symbolisch gesperrt, denn der kniehohe Draht stellte kein Hindernis dar. Später sollte auch hier eine Mauer gebaut werden.
Als plötzlich die West-Berliner Polizei erschien und die Presse ihre Kameras in Position brachte, begann ein Nervenkrieg, auf den Conrad Schumann und seinesgleichen nicht vorbereitet waren. Am Dienstag, dem 15. August 1961, stand Unteroffizier Schumann als Sicherheitsposten an der Bernauer Straße, Ecke Ruppiner Straße. Conrad war durch die "Komm-rüber!"-Rufe der West- Berliner fix und fertig. Das Abwerfen seiner fünf Kilogramm schweren Maschinenpistole dürfte mehr ein Symbol gewesen sein, sich von einer zentnerschweren Last der Verantwortung zu befreien.
Da die West- Berliner Polizei ein geschlossenes Fahrzeug mit geöffneter Hecktür bereitgestellt hatte, sprang Conrad Schumann über den Stacheldraht in das Auto der West-Berliner. Nach dem Verhör bei den Geheimdiensten atmete Schumann erst richtig auf, denn er durfte West- Berlin in Richtung BRD verlassen. Seine Frau Kunigunde lernte er danach in Günzburg kennen. Dort arbeitete er ein halbes Jahr als Krankenpfleger, anschließend arbeitete er in einer Grombacher Weinkellerei.
Durch den Fall der Mauer kamen alte Ängste wieder hoch. Er stellte fest, dass viele seiner Kameraden aus der ehemaligen DDR ihn seit der Flucht für immer ausgeschlossen hatten und seine ehemaligen Vorgesetzten mit viel weniger Herzklopfen nach Bayern fuhren als er in seinen Geburtsort. Längere Zeit zögerte er sogar seine Eltern und Geschwister in Sachsen zu besuchen, die er seit 28 Jahren nicht mehr gesehen hatte. "Meine Heimat ist Bayern" sagte er immer wieder - aber es klang nicht ganz überzeugend. Am liebsten war er in der freien Natur, besonders in seinem Obstgarten, in dem er auch seinem Leben ein Ende setzte.
Zusammenfassung von Achim Schmelting (9a)
(C)Ludgerusschule Heiden