Robert H. Lochner wurde am 20. Oktober 1918 geboren. Als amerikanischer Journalist und Spitzenbeamter hat er bedeutende Momente der deutschen Geschichte als Zeitzeuge miterlebt. Als 14-jähriger ist er 1933 Zeuge des Fackelzuges, mit dem die Anhänger Hitlers dessen Machtergreifung feiern. In Nürnberg nimmt er teil an den Verhören der deutschen Kriegsverbrecher. Als Direktor des RIAS ist er maßgeblich am Aufbau der freien Presse in Deutschland beteiligt. In Berlin wird er 1961 Zeuge des Mauerbaus. Seine wohl aufregendsten Erlebnisse hatte er aber wohl als Dolmetscher des "Vaters der Luftbrücke" Clay und der amerikanischen Präsidenten Eisenhower, Johnson und Kennedy.

Sehr geehrter Herr Hackenbroch,

Gern komme ich Ihrer Bitte nach und hoffe, als Zeitzeuge fuer Ihre Schueler von Nutzen zu sein.

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Da ich in der fruehen Besatzungszeit Dolmetscher des amerikanischen Militaergouverneurs General Lucius D. Clay war, empfahl mich dieser Praesident Kennedy als Dolmetscher fuer seinen Deutschlandbesuch. Drei Wochen vorher wurde ich ins Weisse Haus beordert und der politische Berater des Praesidenten, McGeorge Bundy, nahm mich in das beruehmte Oval Office; vorher hatte ich auf seine Anweisung ein paar einfache Saetze auf Deutsch getippt. Ich uebergab dem Praesidenten eine Kopie, las langsam den ersten Satz vor und bat ihn, diesen zu wiederholen. Seine Aussprache war schlimm; er sah mein wohl leicht entsetztes Gesicht und sagte: "not very good, was it?" Was sagt man einem Praesidenten unter solchen Umstaenden? Mir fiel nichts besseres ein als "Jedenfalls besser als Ihr Bruder Bobby" der ein paar Wochen vorher als Justizminister Berlin besucht hatte und verschiedentlich Saetze auf Deutsch versucht hatte, die voellig unverstaendlich waren. Gluecklicherweise nahm Kennedy es mit Humor und sagte zu Bundy "Die Fremdsprachen wollen wir lieber den Damen ueberlassen." (Mrs. Kennedy sprach fliessend Franzoesisch.) Kennedy hat dann auch weder in Bonn noch in Koeln oder Frankfurt einen Satz auf Deutsch versucht. Aber nach der triumphalen Rundfahrt durch Berlin mit Adenauer und Brandt rief er mich auf dem Weg rauf ins Rathaus zu sich und sagte, ich solle ihm oben auf einen Zettel "I am a Berliner" auf Deutsch aufschreiben. Das tat ich dann auch in Brandts Buero vor der beruehmten Balkonrede und uebte es ein paar Mal mit Kennedy ein.

Mit freundlichen Gruessen,

Ihr


 

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