Brigitte Pittelkow, eine der Geiseln der "Landshut"

Wer einmal in die Hände von Terroristen geraten ist, weiß, was es bedeutet, wenn er später in der Zeitung bei anderen Ereignissen von "Verlust der Menschenwürde" liest.

Der Moment, da mitfliegende Passagiere sich an verschiedenen Stellen des Flugzeugs erheben, Waffen zeigen und herumschreien, birgt den Schreck, den jeder Mensch erfährt, dem eine nahe oder eine mögliche Katastrophe angekündigt wird.

Alles nachfolgende tagelange Drangsalieren aber bedeutet diesen Verlust von Menschenwürde:

- dass mitfliegende Kinder nach vorn gesetzt werden, dorthin, wo der Sprengstoff lagert

- dass Passagiere gezwungen werden, andere Passagiere nach "Waffen" zu durchsuchen

- dass man gezwungen wird, stundenlang in einer Haltung der Wehrlosigkeit oder gefesselt zu verharren

- dass man über das Erlebte keinen Laut von sich geben darf, da die Entführer auch für Sprechversuche mit Waffen drohen

- dass man untätig einen Mord ansehen muss, ohne sich auch nur halb zur Abwehr erheben zu können.

Wer eine solche Gefangenschaft durchlebt hat, ohne dass er in der ganzen Zeit ein Zeichen aus der AußenweIt empfangen konnte, weiß es zu schätzen, dass er gewöhnlich in einer informierten Gesellschaft lebt.

Wir hätten etwas mehr Hoffnung auf das eigene Überleben gehabt, wenn wir gewusst hätten, dass die Beamten von der GSG 9 uns vom ersten Tag an folgten, dass Staatsminister Wischnewski mit ungewöhnlichen Vollmachten uns ebenfalls folgte.

Nach der glücklichen Befreiung bleiben neben allem anderen in Erinnerung: Der tropische Sternenhimmel über dem nächtlichen Flughafen von Mogadischu und das Wiedersehen mit Kind, Eltern und Schwester in Deutschland.

Die Langzeitfolgen eines traumatischen Erlebens nahmen wir erst später wahr.

Brigitte Pittelkow
 

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