Der Mauerfall

von Petra Burkamp

 
 
 
 
 
 
 
 

Eigentlich begann für mich der 9. November 1989 wie ein ganz normaler Donnerstag. Früh aufstehen, zur Uni fahren, dort Vorlesungen über Anatomie, Physiologie, Histologie besuchen, Praktika absolvieren und abends wieder in meine kleine Studentenbude zurückkehren - eigentlich ein ganz normaler Tag in Berlin ...

Bis zu dem Punkt, als ich abends im Radio hörte, dass es Bürgern der DDR erlaubt sein sollte, die deutsch-deutsche Grenze zu passieren. Konnte das stimmen?

Nach den unblutigen Demonstrationen in der DDR, nach der Ausreise von DDR-Bürgern aus Ungarn und aus Prag schien es immerhin nicht unmöglich. Sofort griff ich zum Telefonhörer und rief eine Freundin an. Auch sie hatte die Nachricht im Radio gehört, und wir beschlossen, sofort zur Mauer, Richtung Checkpoint Charlie, zu fahren.

Das hatten allerdings noch mehr Leute vor, und wir versanken im Verkehrschaos. Die Busse kamen kaum noch vorwärts, so verstopft waren die Straßen in Richtung Brandenburger Tor und Checkpoint Charlie. Wir mussten weite Strecken zu Fuß gehen, bis wir endlich unser Ziel erreichten.

Dort angekommen konnten wir das Wunder mit eigenen Augen sehen. Ostdeutsche Bürger durften die Grenze unbehelligt passieren. Auf der Westseite angekommen wurden sie wie Helden gefeiert. Einander fremde Menschen liegen sich in den Armen und weinen. Die Stimmung ist unbeschreiblich und unwirklich. Keiner kann wirklich fassen, was hier passiert.

Wir laufen bis zum Brandenburger Tor. Dort stehen Menschen auf der Mauer. Auch wir werden von hilfsbereiten Menschen hochgezogen. Und da stehe ich auf der Mauer, die hier fast zwei Meter breit ist. Auf der anderen Seite stehen Volkspolizisten mit Maschinenpistolen. Aber sie haben sie nicht im Anschlag und versuchen auch nicht uns zu vertreiben. Einige der Leute auf der Mauer haben Sekt mitgebracht, und den trinken wir auf der Mauer ...
 

Irgendwann falle ich dann todmüde ins Bett.

Auch am nächsten Morgen wird weitergefeiert. Fünf neue Grenzübergänge werden eingerichtet, unter anderem auch an der Glienicker Brücke, wo sonst nur Agenten ausgetauscht wurden. Ganz Berlin ist auf den Beinen. Der Verkehr ist nahezu zusammengebrochen.

An der Mauer beginnen bereits die 'Mauerspechte' die Mauer mit Hammer und Meißel zu zerstören. Ein großer Wendepunkt in der deutschen Geschichte!

Ich werde diese Tage nie vergessen!

Petra Burkamp
 

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