August Heselhaus
Schriftenreihe des Kreises Borken
Band IV, 1974
Jungsteinzeit (Teufelsteine)
Abb. 1: Düwelsteene, Nünning 1713
Abb. 2: Düwelsteene 1974
Abb. 3: Gefäße (Düwelsteene)
Das älteste Kulturdenkmal des Kreises ist das Steinkammergrab "Düwelsteene", 3,5 km östlich Heiden. Es liegt in einer von Sanddünen durchzogenen ehemals offenen Heidelandschaft, die heute Kiefernschonungen trägt.
So mag sie Jodokus Hermann Nünning gekannt haben, der "angeregt durch die Gestalten jener Grabsteine, die ich bei Heiden, einem von meinem Landgute Wickinghoff nicht weit entferntem Dorfe, gesehen habe", im Jahre 1713 eine Abhandlung über Heidengräber schrieb. Den allgemein gehaltenen Ausführungen entsprechend ist dann auch die beigegebene Grabungsskizze gestellt ausgefallen. Der Blick geht von den Grabhügeln, die von weither herangeholt worden sind, im Vordergrunde über die Grabsteine inmitten einer Steinkranzsetzung und die Höfe am Osterberg hinweg auf das im Hintergrund liegende Dorf Heiden zu. Über die Untersuchung der Grabhügel schreibt Nünning: "Entdeckt habe ich einige sehr alte Töpfe oder Gefäße, ziemlich schwer und übervoll, freilich nicht von sehr alten und silbernen Münzen aus des Nero und der Trojaner Zeiten, sondern von den Gebeinen und der Asche von Leichnamen."
Die Düwelsteene sind das südlichste der Riesensteingräber, die über ganz Nordeuropa verbreitet waren. In Unkenntnis der Bedeutung dieser Anlagen sind sie vielfach zerstört worden. Auch unser Grab wurde arg mitgenommen. Eine Farbskizze der in Borken geborenen Malerin Schily-Koppers zeigt um 1880 einen wüsten Trümmerhaufen. 1932 wurde das Kulturdenkmal durch die Heimatvereine Borken und Ramsdorf aufgerichtet. Die ursprünglichen Verhältnisse konnten in etwa wieder hergestellt und dabei noch wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden.
Das Steinkammergrab Düwelsteene ist 21 m lang und im Mittel 1,70 m breit. Die Wände bestehen aus glatt geschliffenen Findlingsblöcken - Granite und Gneise -, die in der Eiszeit von den Gletschermassen aus dem hohen Norden hierher gebracht wurden. Der Boden bestand aus einem Belag, der z. T. aus flachem Geröll, aber auch aus zerschlagenen Käßlingen hergestellt worden war. Eine 60 cm dicke Erdschicht, besonders im Westteil vermischt mit Scherbenbruch von Tiefstichkeramik, bedeckte ihn. Den oberen Abschluss bildeten größere Blöcke, von denen nur 3 übrig geblieben sind; der größere mag ein Gewicht von 7t haben.
So entstand eine geschlossene Kammer, die eine innere Höhe von 1,50 m hatte und in gebückter Haltung zu durchgehen war. Zwischen dem 2. und 3. Wandstein der Südostseite hatte man eine schmale Öffnung gelassen, auf die von außen her ein Gang zuführte, der der Grabkammer auch die Bezeichnung "Ganggrab" gibt. Durch den Gang erfolgte die Beisetzung des Verstorbenen, nachdem man zuvor Überreste der letzten Bestattung in den Westteil geschafft hatte .Die gesamte Steinsetzung war mit einer Erdschüttung abgedeckt; dadurch entstand eine schiefe Ebene, die das Hinaufschaffen der schweren Decksteine ermöglichte. Am Fuße des Hügels , in einem Abstand von 5 m , waren an der dunkleren Verfärbung in dem rötlichgelben Kreidesand noch die Löcher zu erkennen, in denen ein ovaler Kranz von kleineren Findlingen gestanden hatte. Er diente zur Sicherung des Grabaufbaues und bildete zugleich einen Bannkreis um die Bestattung. Aus dem Grabe wachsen 4 Bäume empor, von denen eine Eiche und eine Buche in einem Stamm vereinigt sind.
Jungsteinzeitliche Gefäße aus den Düwelsteenen
Den Toten wurde in Tongefäßen Speise und Trank mitgegeben, die nach der Verzierung als Tiefstich-, der Form nach als Trichterbecherkeramik bezeichnet werden. Das nur noch in Scherben aufgefundene Material gehörte zu drei Gefäßformen, der Kragenflasche, dem doppelkonischen Becher und dem etwas größeren Kump. Ergänzungen werden in den Heimatmuseen Borken und Ramsdorf gezeigt. Die Gefäße sind aus freier Hand geformt, mit Tiefstichen versehen, an der Luft getrocknet und am offenen Feuer gebrannt worden. Aus früheren Durchsuchungen traten in Scherben auf: Kerbleistenbecher, Schalen mit glatter Leiste, Schultertassen ohne Verzierung und steilwandige Becher. Außerdem fand sich ein längliches Kupferblechröhrchen. Waffen und Geräte aus Feuer- oder Felsgestein wurden bei der Untersuchung 1931 nicht mehr gefunden. Auch ist von einer Siedlung, wo die zugehörigen Familien und Sippen gewohnt haben könnten, nichts bekannt geworden.
Die Erbauer der Düwelsteene waren die ersten sesshaften Bauern unserer Heimat in der Jungsteinzeit, von 2200 bis 1800 vor Christus. Sie ließen sich dort nieder, wo humoser Boden die Bearbeitung ihrer Felder mit Grabstock oder Steinhacke möglich machte. Sie bauten Weizen und Gerste an; ihre Haustiere - Rind, Pferd, Schwein, Schaf und Ziege - fanden in den Bachauen und in den Eichen-Birken-Mischwäldern reichliche Nahrung. Sie wohnten in rechteckigen Pfostenhäusern; der Behausung der Lebenden entsprechend war das Haus der Toten aufgebaut.
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