An einem schönen, sonnigen Märztag im Jahre 1945 kam so langsam das Ende des zweiten Weltkrieges. Meine Eltern, meine sieben Geschwister und ich nahmen das Wichtigste und Nötigste zum Leben mit und waren bei einem außerhalb liegenden Bauern in einem Kuhstall einquartiert. Unsere Kühe und Schweine blieben zu Hause zurück.
Da die Kühe aber gemolken und die Schweine gefüttert werden mussten, fuhr ich, da ich die älteste war, mit dem Fahrrad ins Dorf. Mein Vater konnte nicht gehen, da die Engländer in der Nähe waren und Gefahr für alle Männer bestand, erschossen zu werden. Meine Mutter musste bei den jüngeren Geschwistern bleiben. So fuhr ich spät am Nachmittag mit dem Rad zum Dorf. Bis ich das Vieh versorgt hatte, vergingen ungefähr zwei Stunden. Dann hörte ich von weitem Panzer rollen und Kanonen donnern. Ich bekam schreckliche Angst, aber ich wollte auch gerne den Einzug der Engländer erleben. Neugierig wie ich war, ging ich auf die Straße. Ich konnte es nicht glauben, als ich ins Dorf schaute! Der Kirchturm und auch die umliegenden Häuser brannten. Unsere Nachbarin, die zu Hause geblieben war, rief mich rüber zu sich. Ich duckte mich und rannte über die Straße. Nun konnte ich nicht mehr zu meinen Eltern zurück. überall wurde geschossen. So ging ich mit meiner Nachbarin in ihren Keller. Bei jedem Donner der Kanonen zuckte ich zusammen. Ich versteckte mich in einer Ecke und dachte an meine Eltern und Geschwister. Auch ein deutscher Soldat aus Wesel versteckte sich bei uns. Am anderen Morgen weckte mich meine Nachbarin und berichtete mir, dass das Schlimmste überstanden war. Die Engländer waren durch Heiden durchgezogen. Ein Stein fiel mir vom Herzen und ich atmete wieder auf. Als ich nach draußen schaute, sah ich den Soldaten in bäuerlicher Arbeitskleidung und mit einer Mistgabel durch Pastors Pättken laufen. Später erfuhren wir durch eine Karte, dass er heil nach Hause gekommen war. Gegen Mittag fuhr ich zu meinen Eltern. Sie standen mit der ganzen Familie auf dem Weg und warteten auf mich. Sie waren heilfroh, dass ich gesund wieder bei ihnen war. Am gleichen Tag noch gingen wir mit Sack und Pack wieder nach Hause. Bei uns war der Krieg vorbei.
(Silvia Klöpper)