Wir wohnten an einer gefährlichen Stelle, in der Nähe des Bahngleises. Fast jeden Tag um die gleiche Zeit, und zwar um 15.00 Uhr und um 16.30 Uhr, kamen etliche Flieger und beschossen mit Bordwaffen und Bomben die Züge. Alle nahe liegenden Häuser waren vom Bordwaffenbeschuss beschädigt. Sie hatten keine Scheiben mehr in den Fenstern und keine Pfannen mehr auf dem Dach. Das Haus wurde fast zu klein. Man hatte Evakuierte aus Borken, die dort in den Trümmern nicht mehr wohnen konnten und nichts zu essen hatten. Aber auch mehrere Soldaten waren auf dem Hof, die in der Scheune ein Obdach suchten. Diese erzählen auch, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die englischen Panzer in Heiden wären. Am 27. März, einen Tag vor dem Einmarsch verließen die Soldaten dann ganz aufgeregt ihr Lager. Sie sagten: "Wir müssen vor hier aus nach Haltern." Am Morgen des 28.3. zogen dann mehrere Fahrzeuge an uns vorbei. Sie sagten, dass wir am gleichen Tag noch Besuch bekämen. Am Mittag kamen noch einzelne versprengte Soldaten, die hinter den Wallhecken Schutz suchten und nach dem Weg nach Reken fragten. Dann sahen wir auch schon die Panzer kommen. Sie kamen nur langsam vorwärts. Mit Ferngläsern schauten sie alles ab, und überall, wo sich ein Soldat blicken ließ, schossen sie. Eine Scheune geriet in Brand. Überall, wohin man schaute, brannte es. An den Häusern hingen weiße Fahnen. "Wir ergeben uns", hieß das. Bei uns in der Nähe erschossen sie einen Bauern, der in der Haustür stand. Alle, die einen Bunker hatten, waren nicht mehr in ihren Häusern, sondern im Bunker versteckt.
Als eine lange Kolonne Panzer vorbeigefahren war, wurde es langsam ruhiger. Die Leute wagten sich wieder in ihre Häuser. Das Vieh musste ja auch versorgt werden. Es waren grausame Tage. Aber wer das mitgemacht hat, vergisst so was nie im Leben.
(Paul Kappenhagen)