Im Jahre 1945 wurden wir von den Alliierten endgültig besiegt. Ich wollte mit dem Fahrrad zu meiner Patentante, denn deren Mann war im Krieg. Sie saß zu Hause mit 2 kleinen Kindern und mit einem 80-jährigen Opa in einem Bauernhaus. Von uns bis Rhade sind es etwa 7 km. Als ich die Hälfte des Weges eilend zurückgelegt hatte, kam mir eine Frau mit drei Kindern aufgeregt entgegen und sagte: "Junge, Junge! Wohin willst du?" Ich antwortete: "Nach Rhade! Warum?" - "Um Gottes Willen, in Rhade sind soeben die Alliierten einmarschiert. Es ist unmöglich, dass du weiterfährst, es hat keinen Sinn." Als sich dann die Frau mit mir unterhielt, merkte sie, dass meine Muttersprache Plattdeutsch war. "Habt ihr einen Bauernhof? Dann gehen wir mit dir nach Hause. Vielleicht geben uns deine Eltern Unterkunft und etwas zu essen. Wir sind zu Fuß aus Wesel nach hierhin geflüchtet!" Ich nahm die Frau mit ihren 3 Kindern mit nach Hause. Meine Mutter gab ihnen zu essen und zu trinken. Am nächsten Morgen kamen die Alliierten und durchsuchten unser Haus. Sie wollten zu essen und zu trinken haben. Von draußen hörte man die Panzer und Geschütze der Gegner vorbeirollen. Einige Bauernhöfe wurden in Brand geschossen. Auch der Heidener Kirchturm blieb nicht verschont. Alles war grausam und schrecklich für die Betroffenen.
(Berthold Lohkamp)